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C-Teile-Management der Zukunft
„Praxis und Forschung miteinander verheiraten“

Keller & Kalmbach macht das C-Teile-Management fit für die Zukunft. Im Interview spricht der Geschäftsführer Hans van der Velden über die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IML, eine gute Lieferantenstrategie und die Corona-Krise



Seit 2019 arbeitet Keller & Kalmbach mit dem Fraunhofer IML im sogenannten „Future Lab“ zusammen. Worum geht es dabei?


Mit dieser Zusammenarbeit wollen wir Praxis und Forschung miteinander verheiraten. Wir bekommen von Fraunhofer viel Input, etwa, welche innovativen Technologien heute schon verfügbar sind. Im Gegenzug berichten wir den Forschern von den Erfahrungen aus der Praxis, um dann gemeinsam an neuen Services und Dienstleistungen zu arbeiten. Themen sind zum Beispiel Digitalisierung, Datenanalyse und Künstliche Intelligenz. Stichworte wie KI hört man derzeit sehr oft.

Wo sind die Anwendungsgebiete im C-Teile-Management?

Wir wollen noch nicht zu viel verraten, aber: In Umfragen haben wir herausgefunden, dass viele Unternehmen immer noch die Schwierigkeit haben, verschiedene Anbieter an ihre eigenen Systeme anzudocken, weil dafür unterschiedliche individuelle Schnittstellen benötigt werden. In diesem Bereich wollen wir tätig werden und haben einen Data Scientist im Unternehmen, der sich unter anderem mit KI beschäftigt. Das Ziel ist ganz klar die Versorgungssicherheit für die Kunden.

Transparenz in der Supply Chain ist nicht erst seit dem jüngst beschlossenen Lieferkettengesetz ein Thema. Gibt es hier ebenfalls Überlegungen?

Transparenz und eine schnelle Reaktion, wenn die Lieferkette ins Stocken gerät, wird für Industrieunternehmen immer wichtiger. Durch Corona und die damit verbundenen Lieferverzögerungen und Rohstoffverknappungen ist das Thema Track & Trace in den Fokus gerückt. In Zukunft wollen wir unsere Ware lückenlos in Echtzeit tracken können, um unseren
Kunden eine größtmögliche Transparenz zu bieten. Wichtig ist dem Kunden, genau zu wissen, wann ein Produkt ankommt. In kritischen Bereichen in der Montage können Stunden oder Minuten entscheidend sein. Da unsere Ware sehr kleinteilig ist, reicht es nicht aus, eine ganze Palette oder einen Container zu tracken. Wir müssen Tracker an die kleinen Gebinde, die sogenannten Kleinladungsträger (KLT), anbringen. Die aktuell auf dem Markt erhältlichen Tracking-Lösungen sind derzeit noch nicht wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar für KLTs. Zusammen mit Fraunhofer klären wir, ob und welche Sensorhersteller unsere Anforderungen an Tracker erfüllen könnten. Unsere Vision: Das lückenlose Tracking vom Hersteller bis in die Montagelinie beim Kunden hinein.

... ist seit März 2020 bei Keller & Kalmbach, dem Spezialisten für Befestigungstechnik, Verbindungselemente und C-Teile-Management, als Geschäftsführer tätig. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung. Neben einer technischen Expertise sowie einem umfassenden Wissen im Bereich Marketing und Digitalisierung bringt er viele Jahre Erfahrung im Aufbau und der Führung von Auslands- und Regionalgesellschaften mit. Hans van der Velden ist für die Bereiche Qualitätsmanagement, Customer Logistics & Services, Marketing, Beratung sowie Business Innovation & Business Development zuständig.

Lieferverzögerungen und Verknappungen sind in der Corona-Krise wichtige Themen. Wie können Sie als Dienstleister helfen?

Da unsere Produkte oft lange Lieferzeiten haben, sind wir gezwungenermaßen dazu angehalten, weit vorauszuschauen und haben entsprechende Erfahrungen mit Lieferschwankungen. Unsere Kunden teilen uns ihre voraussichtlichen Bedarfe für die nächsten Wochen und Monate regelmäßig in Vorschaureports mit. Diese Informationen verarbeiten wir in unserem ERP-System und gleichen sie permanent mit den aktuellen Lieferzeiten der Hersteller und unseren Lagerbeständen ab. Tritt zu einem zukünftigen Zeitpunkt eine mögliche Unterdeckung auf, informiert das System unsere Disponenten frühzeitig. Wir investieren viel Zeit und Geld, um diese Datenmodelle zu verbessern. Momentan sind wir dabei, uns zu überlegen, wie wir unseren Kunden diese Modelle auch zur Verfügung stellen können.

Unternehmen streben oft eine Reduzierung der Lieferanten an. Auf der anderen Seite ist durch die Lieferschwierigkeiten während der Pandemie Multiple-Sourcing ein Trendthema geworden. Wie kann man reduzieren und gleichzeitig Ausfälle vermeiden?

Eine Lieferantenreduktion wird weiterhin stattfinden. Wichtig dabei ist: der vermeintlich billigste Preis auf Produktebene führt nicht zwingend zu den niedrigsten Gesamtkosten. Unser Bestreben ist nicht, die Kunden zu einer Ein-Lieferanten-Strategie zu bewegen. Es macht sehr wohl Sinn, bei gewissen Produkten bewusst mehrere Lieferanten zu haben, um den Wettbewerb spielen zu lassen. Aber ich glaube, dass bei den meisten Unternehmen in der Lieferantenstrategie noch viel Potenzial ist. Man muss sich fragen: braucht man wirklich 30 Lieferanten für Dichtungsprodukte und 20 für Verbindungstechnik? Oder würden zwei oder drei ausreichen? Wichtige Ansätze ergeben sich hier zum Beispiel in der Reduzierung des Produktsortiments. Wenn ich das Sortiment verkleinern kann, dann fallen dadurch auch unweigerlich gewisse Lieferanten weg. Das hemmt nur auf den ersten Blick die Freiheit der Entwicklung und Konstruktion, kann aber helfen, die Kosten in der Produktion zu senken. Wir wollen dabei mehr tun als dem Kunden blind eine Stückliste zu verarbeiten. Unsere Dienstleistung LineWalk setzt hier Akzente: dabei schauen sich unsere Verbindungstechnik-Experten vor Ort an, wie und wofür die Produkte verwendet werden und analysieren, ob es für den konkreten Anwendungsfall ein intelligenteres, besseres Produkt geben könnte. Dieses Angebot erhält schon jetzt sehr positives Feedback.

Zusammen mit dem Fraunhofer IML haben Sie eine Studie zum Thema C-Teile Management durchgeführt. Welche Handlungsempfehlungen leiten Sie daraus ab?

Ein einfaches Beispiel: wenn ein Entwickler eine Komponente für eine Maschine konstruiert, weiß er vielleicht gar nicht, dass es ein neues Verbindungselement gibt, mit dem unter Umständen gewisse Operationen in der Montage wegfallen. Da er nicht wusste, dass gewisse Prozessschritte durch den Einsatz eines anderen Verbindungsteils wegfallen könnten, wird das Endprodukt teurer. Deshalb bieten wir unsere Expertise gerne schon im Konstruktionsprozess an. Ich glaube, dass hier vor allem die jungen Generationen im Vorteil sind, da sie von Anfang an offener sind. Sie tauschen sich viel offener über Themen aus, bei denen meine Generation noch eher zurückhaltend wäre. Das beschleunigt den Prozess, dass im Produktentstehungszyklus in Europa eine viel engere Zusammenarbeit mit Lieferanten
angestrebt wird. Da ist Amerika uns definitiv einen Schritt voraus. Es reicht schlichtweg nicht mehr aus, wenn wir als Großhandelsunternehmen für Verbindungselemente und Befestigungstechnik, ein Produkt zur richtigen Zeit an den richtigen Ort liefern. Wir müssen unseren Kunden Mehrwerte bieten. Die können wir nur umsetzen, wenn wir den Kunden andere Methoden und neue Produkte aufzeigen. So können wir die interne Produktion sowie die Logistik von Anfang an effizienter mitgestalten.